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Über Daseinsvorsorge müssen die Mitgliedsstaaten entscheiden

AGW kritisiert Entscheidungen des Europaparlaments anlässlich der Verabschiedung des „Weiler“-Berichtes

Bergheim, 26. Oktober 2006. „Wir erleben aktuell den Versuch aller Brüsseler Institutionen, in die Kompetenz
der Mitgliedstaaten in Fragen der Daseinsvorsorge nachhaltig einzugreifen,“
kommentiert Michael Richter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft
der Wasserwirtschaftsverbände in NRW (AGW) und Vorstand des
Aggerverbandes die jüngsten Entscheidungen des Europaparlaments zur
Daseinsvorsorge und öffentlich-privaten Partnerschaften (Rapkay-Bericht,
Weiler-Bericht). „Wettbewerbsrechtlich strittige lokale oder regionale Entscheidungen
ohne Binnenmarktrelevanz in einigen Mitgliedsstaaten werden
dabei zum Anlass genommen, um für die Zukunft die grundsätzliche Anwendung
des EU-Wettbewerbsrechtes, unabhängig von der Sinnhaftigkeit, für nahezu alle Tätigkeiten öffentlicher Institutionen im Rahmen der Daseinsvorsorge
zu fordern,“ erklärte Richter. Dabei werde bewusst in Kauf
genommen, dass in die im EG-Vertrag verankerte Kompetenz der Mitgliedsstaaten
hinsichtlich der Selbstorganisation der staatlichen Institutionen
eingegriffen und deren Tätigkeit in ausschreibungspflichtige Tatbestände
gezwungen werde. Dies beträfe in Deutschland vorrangig die Freiheit
der Kommunen auf Selbstorganisation bestimmter Dienste der Daseinsvorsorge
sowie die Frage der interkommunalen Zusammenarbeit. Die
AGW fordert die Bundesregierung auf, ihren Einfluss in Brüssel geltend zu
machen und diese Initiative zu stoppen.
Aber auch in Deutschland müssten sich öffentliche Institutionen, die im
Rahmen der Daseinsvorsorge tätig sind, angesichts einer amorphen Liberalisierungsdiskussion
zunehmend rechtfertigen. Dabei gehe es im Grundsatz
um die Frage, inwieweit öffentliche Dienstleistungen oder aber Teile davon
nicht auch von Privaten erledigt werden können. Diese Frage tangiere
auch die Wasserwirtschaftsverbände in NRW. „Sie geht aber am Thema
völlig vorbei,“ erklärte Richter, „schließlich sind die Wasserwirtschaftsverbände
mit jährlichen Investitionen im Umfang annähernd einer Milliarde
Euro in NRW einer der größten Auftraggeber für die private Wirtschaft.“
Vielmehr gehe es darum, ob ein Bundesland auch in Zukunft noch Institutionen
wie Wasserwirtschaftsverbände schaffen kann, die ganze Flussgebiete
als staatsentlastende Institution ganzheitlich bewirtschaften und dabei
auch vielfältige staatliche Aufgaben wahrnehmen. Hierbei handelt es sich
neben der bekannten Tätigkeit der Abwasserbehandlung um Aufgaben wie
der Gewässerunterhaltung, des Gewässerausbaus, der Sicherung des
Hochwasserabflusses, dem Niederschlagswassermanagement oder aber
um die Bereitstellung von ausreichenden Ressourcen für die Trinkwassergewinnung.
Kontraproduktiv seinen in diesem Zusammenhang Äußerungen
von Mitarbeitern des Wirtschaftsministeriums NRW, die laut über eine mögliche
Privatisierung von Wasserwirtschaftsverbänden nachdenken. „Damit
stellt man gerade die Strukturen in Frage, die im Rahmen der Umsetzung
der EU-Wasserrahmenrichtlinie in anderen Bundesländern fehlen und in
anderen Mitgliedsstaaten angestrebt werden,“ bemerke Richter.

 

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